Grundbesitz und Landsitze
Walcheren wurde einst der Garten von Zeeland genannt. Ein richtiger Name, denn es gab hier etwa 270 Landgüter (große monumentale Landhäuser mit einem großen umliegenden Garten oder Park), so dass etwa acht Prozent von Walcheren als Garten genutzt wurden. Auch außerhalb von Walcheren (vor allem auf Schouwen-Duiveland) findet man viele Landsitze. Sie wurden für die Elite des 17. und 18. Jahrhunderts gebaut. Nur ein relativ kleiner Teil davon ist erhalten geblieben. Dennoch vermittelt selbst diese geringe Zahl einen guten Eindruck von der überwältigenden Pracht, die damals für die wohlhabende Zeeländer von größter Bedeutung war.
Die Landsitzkultur
Im 17. Jahrhundert flohen Regenten vor der Hektik und dem Gestank der Stadt und lebten im Sommer in Landhäusern. Das waren zunächst kleine Bauernhöfe oder Häuser. Doch im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wurden die Landsitze in klassizistische Gebäude mit großen, architektonisch angelegten Gärten umgewandelt. Die Landsitze waren nicht nur ein Zufluchtsort zum Genießen, sondern auch ein hervorragendes Prunkstück. Bauherren ließen sich von der Mode inspirieren. Und regelmäßig wurde ein Gebäude oder ein Garten komplett saniert. Auf diese Weise sickerten auch in der Landschaft von Walcheren europäische Einflüsse durch. Die Türme sind typisch für die Landhäuser in Zeeland. Sie dienten vermutlich dem Blick auf die Insel und das Meer und bezogen sich auf die italienische Architektur.
Gartenlandschaft und Gartentrends
Auch die Gärten waren Trends unterlegen. Die ersten Landsitze hatten einen formalen Stil: sehr geometrisch. Im 18. Jahrhundert entstanden unter dem Einfluss der Romantik landschaftlich angelegte Gärten mit fließenderen Linien, mäandernden Teichen und weniger stark beschnittenen Bäumen und Pflanzen. Diesen Gärten wurden nun andere ,frivole’ Elemente hinzugefügt, wie Wildparks, Höhlen, Orangerien und manchmal eine Einsiedelei (ein rekonstruiertes Einsiedlerhaus). Bei Burg Westhove, die auch als Landhaus diente, wurde der Jäger manchmal sogar gebeten, Bohème zu spielen. Ein Trend, den wir heutzutage wahrscheinlich leichter verstehen können, ist der Bau von Teekuppeln. In Middelburg kann man eine vom Griffioenpad aus sehen. Die Kuppel, die fotogen über eine Wasserstraße ragt, stand einst auf dem Anwesen De Griffioen.
Das Ende der Landsitze
Die Landgüter waren meist mit hohen Kosten verbunden. Oftmals gab es Einnahmen zum Beispiel aus Holzeinschlag oder Gemüse- und Obstgärten, aber dies konnte die hohen Kosten für die Gartenpflege nicht aufwiegen. Als der Wohlstand in Zeeland Ende des 18. Jahrhunderts drastisch zurückging, bedeutete dies auch das Ende der meisten Landgüter. Viele Grundstücke wurden an Bauern verkauft. Die Häuser wurden abgerissen und die Gärten, Parks und Wälder als Ackerland genutzt. Sint Jan ten Heere ist ein gutes Beispiel dafür. Es war einst einer der schönsten Landsitze in Walcheren, mit einer zentralen Halle mit einem bis zu zwanzig Meter hohen Kuppeldach und einem großen parkähnlichen Garten mit schöner Aussicht, einem Karpfenteich und einem Teehaus im chinesischen Stil. Jetzt gibt es nur noch landwirtschaftliche Flächen am Standort dieses Landgutes an der Straße zwischen Aagtekerke und Westkapelle. Die Steine des Landgutes wurden in Bauernhöfe eingearbeitet, die auf dem Gelände des Landgutes errichtet wurden. Es bleibt nur ein Weiler mit dem gleichen Namen.
Landsitze verewigt
Dass wir heute noch wissen, wie viele Landgüter wie Sint Jan ten Heere aussahen, verdanken wir den Malern und Zeichnern die damals sehr genaue Zeichnungen und Gravuren machten. Der Maler und Zeichner Jan Arends beispielsweise hat auf diesem Gebiet enorm viel Arbeit geleistet. Er fertigte etwa hundert Radierungen und Stiche an.
Landsitze heute
Trotz der hohen Instandhaltungskosten sind eine Reihe von Landgütern erhalten geblieben. Bei Schuddebeurs (etwas außerhalb von Zierikzee), Middelburg und vor allem im Manteling zwischen Oostkapelle und Domburg gibt es einiges zu sehen. Durch das letztere Gebiet führen schöne Rad- und Wanderwege, auf denen Sie die Wälder und die Aussicht auf imposante Häuser, Parks und Gärten in vollen Zügen genießen können.
Toorenvliedt
Toorenvliedt befindet sich heute knapp innerhalb der Stadtgrenze von Middelburg. Es ist ein typisches Beispiel für einen Landsitz. Es war einmal ein Gehöft. Nach mehreren Erweiterungen entstand das heutige stattliche Haus mit Türmchen. Um das Haus herum lagen ein Wald und ein Park. Während des Zweiten Weltkriegs wurden auf dem Gelände viele Bunker gebaut. Als der Park während des Wiederaufbaus restauriert wurde, wurden sie so weit wie möglich versteckt, aber bei einer neueren Renovierung wurden sie wieder besser sichtbar gemacht. Es ist jetzt eine Gedenkstätte (Film in der niederländischen Sprache), wo Sie an Bunkern im Park vorbeigehen können. Während dieses Spaziergangs haben Sie natürlich auch von außerhalb von Toorenvliedt einen schönen Blick auf das Hauptgebäude. Ein Film des Zeeland-Kanons über Toorenvliedt (in der niederländischen Sprache) zeigt Ihnen mehr über diese und andere zeeländische Landgüter.
Ter Hooge
Wo Sie heute die anmutigen Türme von Ter Hooge vor den Toren von Middelburg sehen, stand früher eine ziemlich unordentliche Burg. Dies reichte zu Zeiten der Landgüter nicht mehr aus und so wurde das heutige Schloss Mitte des 18. Jahrhunderts realisiert. Nur ein ursprünglicher Turm ist erhalten geblieben. Auch der Garten wurde direkt komplett umgestaltet. Es gab unter anderem einen Wildpark und sogar ein Becken mit einer Spielzeugyacht. Durch die Überschwemmung von Walcheren im Jahr 1944 gingen alle Bäume von Ter Hooge verloren. Auch damals wurde der Park neu eingerichtet. Wenn Sie hier spazieren gehen, fühlt es sich an, als ob die Teiche und die schöne Aussicht auf die Burg schon seit Jahrhunderten dort wären. Anfang Mai blüht der Wiesen-Kerbel und ist der Landsitz noch fotogener als sonst.
Duinbeek
Wie ter Hooge wurde Duinbeek in der Manteling zwischen Oostkapelle und Domburg im 18. Jahrhundert an der Stelle einer mittelalterlichen Burg errichtet. Sowohl das Haus als auch der Garten wurden gerade und symmetrisch angelegt. Der Graben der alten Burg blieb erhalten. Obwohl das Haus elegant und im neoklassizistischen Stil gebaut ist, hat es einen Wachturm. Der könnte als Teekuppel gedient haben. Duinbeek ist nicht für Besucher geöffnet, aber Sie können es von den Wander- und Radwegen von De Manteling aus sehen. Mit der langen Zufahrtsstraße und dem Wassergraben rund um das Haupthaus beeindruckt dieses Gebäude noch einige Jahrhunderte nach seiner Erbauung.
Overduin
Auch Overduin ist von den Wander- und Radwegen durch die Manteling zu sehen. Am Ende einer riesigen Rasenfläche steht ein massives Haus, wie man es nur von Filmsets kennt. Hier hatte früher bereits ein Landhaus gestanden. Es wurde kurz nach 1800 abgerissen und dann, ganz gegen den Trend verschwindender Landgüter, ist vierzig Jahre später ein weiteres – für die damalige Zeit modernes – Landgut mit einem großen weiß verputzten Herrenhaus im klassizistischen Stil, einer Remise und einem Gärtnerhaus entstanden. Der Park rund um das Haus enthielt eine große Vielfalt an Baum- und Straucharten. Außerdem gab es eine Menagerie mit vielen verschiedenen Tieren. Später wurde daraus ein Wildpark. Der Park mit seinem Pflanzenreichtum ging bei der Überschwemmung 1944 verloren. Nur die Hirsche überlebten, weil sie in die höheren Dünen getrieben worden waren. Die Nachfahren davon sind die Damhirsche, denen man heute in der Manteling in freier Wildbahn begegnen kann.